Karl Heidelbach zum 100.
»Dass es die Puppe in Wirklichkeit gibt, das haben viele nicht glauben wollen. Die dachten erst, ich hätte die Puppe erfunden. Ich habe die aber überhaupt nicht erfunden, die haben Untertertianerinnen erfunden, ich habe lediglich an der richtigen Stelle ‚halt‘ gesagt.«
»Mein Interesse gilt der Malerei. Ausschließlich.«
Im Jahr 2023 wäre der Maler Karl Heidelbach, geboren 1923 in Hanau, gestorben 1993 in Köln, hundert Jahre alt geworden. Zum Jahreswechsel blickt die Ausstellung »Karl Heidelbach zum 100.« zurück auf unterschiedliche Schaffensphasen.
Die Wahl des Ortes, die Kölner Südstadt, fällt zusammen mit Heidelbachs langjähriger Arbeits- und Wirkungsstätte. Hier befand sich sein Atelier, in dem seit Ende der 1960er Jahre zahllose Ölbilder entstanden. Hier setzte Heidelbach seine Arbeit als Kunsterzieher fort, die ihn nach einer Beschäftigung mit dem Tachismus ab 1963 zu ersten figürlichen Bildthemen inspiriert hatte; zu Arrangements von »Robotern«, »Puppen« und futuristischen Landschaften.
Mit der Wahl gegenständlicher Sujets wird Heidelbach zur Stunde des Informel und der Konzeptkunst zu einem Unzeitgemäßen. Man kann dies als Spätwirkung seiner durch Hitlerjugend und Kriegsdienst verzögerten Entdeckung der Moderne verstehen.
»Ich war fast 22 Jahre alt, als ich zum ersten Mal die Reproduktion eines Cézanne-Stilllebens sah: Es war, als ob die Welt wackelte! Ich entdeckte nun auch Kafka, Thomas Mann, Picasso, die abstrakte Malerei, die neue Musik – ein riesiger Nachholbedarf stellte sich ein und als Folge ein endloses Nachsitzen.«
Trotz früher Erfolge gibt Heidelbach ab 1969 seine veristisch gemalten Figurenbilder auf und widmet sich einem neuen Bild- thema: den Menschen und ihren Situationen, vor allem den Wartenden, den Ausharrenden auf dem Behördenflur, auf einer Parkbank oder im Café.
»Früher war mir wichtig, das gefundene Objekt in Malerei zu übersetzen, detailliert, als Einzelding, als Figur. In den neueren Bildern ist mir was ganz anderes wichtig: der Bildkörper als Ganzes. [...] Dadurch ist jetzt jeder Fleck an irgendeiner Ecke genauso wichtig wie der Portraitkopf etwa.«
Nicht mehr die surreale Verlebendigung von Blech- und Puppenfiguren, sondern die Verdinglichung menschlicher Existenz, steht im Zentrum dieser Arbeiten. Nur gelegentlich wechseln sich in jener späteren Phase die plastisch überhöhten Portraits und Szenen mit phantastischen Elementen ab, wobei die nach Modellen gemalten Roboterfiguren nun erdachten »Androiden« weichen.
Wenn auch in zahlreichen Sammlungen vertreten, sind Heidelbachs Bilder in der heutigen Zeit erst wieder zu entdecken.
360° Rundgang durch die Ausstellung: LINK