Undinge

Andreas Kremer - Michael Schulz - Thomas Gerats

 

Der Kampf gegen Coronavirus, Klimawandel, kirchlichen Kindesmissbrauch oder Krieg beherrscht global wie lokal unsere Zeit. Informations-Overflow und Fake-news, die Zensur der Gegenwart, lässt eine postfaktische Informations- gesellschaft entstehen, in der Wirksamkeit Wahrheit er- setzt, und Affekte Sinn und Vernunft dominieren.

UNDINGE, das was eigentlich nicht sein soll, verdrängen Dinge, die uns Halt und Ordnung geben, spalten Länder und Nachbarschaften. Die drei ausgestellten Werkgruppen widmen sich diesem Themenkomplex aus unterschiedlichen Blickwinkeln und persönlichen Schwerpunkten.

Die preisgekrönten Collagen der Werkgruppe „The Last Resort“ von Andreas Kremer verbildlichen die Wechsel- wirkung zwischen Natur und dem vom Menschen beanspruchten Raum, somit die globalen Folgen des menschlichen Tuns. Ob Klimawandel, Landflucht oder fragile soziale Ordnungen, die resultierenden Bilder, schön, aber dystopisch, wurden zu Sinnbilder unserer Zeit. Jeder Betrachter kann angesichts der fantastisch-realen Szenerien die Frage für sich beantworten, ob wir hier Undinge der Zukunft oder vielleicht schon der Gegenwart sehen. Und daraus Schlüsse ziehen.

Der vermeintlichen, digital erzeugten Objektivität von „The Last Resort“ werden höchst „analoge“, aus Alltagsmateria-

lien erarbeiteten Objekte, Collagen und Malereien von Michael Schulz gegenübergestellt. Schulz, der jahrelang mit großem Erfolg mit den „jungen Wilden“ Martin Kippenberger, Walter Dahn, Julian Schnabel oder Rosemarie Trockel von Ausstellung zu Ausstellung gereist ist, hat seine schwere Krankheit überwunden, und erschafft Dinge, mit denen er die Undinge der Zeit entlarvt. Aber Vorsicht - das erste Schmunzeln über einen Kalauer verändert sich bei auf- merksamer Betrachtung zunächst irritiert, dann gefolgt von einer sich einstellenden tieferen Erkenntnis, zuweilen durch Aufzeigen der inhärenten Abgründe.

An was können wir noch glauben? Religion, insbesondere der ritualisierte Katholizismus hat den Menschen, ob Kind oder adult, jahrelang Halt auch in schwierigen Lebens- bedingungen versprochen. Der Enttäuschung, ja Wut darüber, wie menschliche Sehnsüchte und Schwächen perfide über Jahrzehnte ausgenutzt wurden, widmet sich die Fotografieserie „Scheinheilig“ von Thomas Gerats in einer sehr persönlichen, subjektiven Form.

Frei nach dem Bonmot „Eine Kunst, die sich nur dem Sinn verschreibt, ist lustfeindlich“ geht es den drei Künstlern nicht um die Vermittlung vorgefasster Meinungen, um Beurteilung oder gar Belehrung; allen drei Künstlern gemein ist eine Intensität im Ausdrucksprozess, die sich in den Werken wiederfindet, und Raum für Interpretation belässt.